Eines der schönsten Dinge am Reisen ist, dass man die Gelegenheit bekommt viele unterschiedliche Menschen zu treffen, Einblicke in ihr Leben bekommt und verschiedene Lebenseinstellungen kennenlernt und manchmal auch absolut einmalige Momente mit ihnen teilt. Und genau diese Situationen und Momente sind es, die Einfluss auf dein eigenes Leben nehmen. Bereit meine erste Reise hat mich damals verändert und es waren sicher nicht die Berge, das Meer und auch nicht der Sonnenschein…. Es waren die Menschen und Momente!
Auf dieser Reise haben mich schon einige Menschen fasziniert und hier möchte ich zukünftig diese Menschen bzw. diese Momente mit euch teilen.
Obdachloser in Austin
Wenn ich ganz ehrlich bin, weiß ich nicht genau ob der Mann von dem ich euch erzählen möchte obdachlos ist oder ob ich wieder einmal in einer meiner vielen Vorurteilskisten gegriffen habe (er erschien mir zumindest obdachlos). Obdachlos oder nicht, mich hat ein ca. 4minütiger Austausch sehr zum Nachdenken gebracht und deshalb werde ich euch diese Situation schildern:
An einem meiner ersten Tage in Austin, treffen wir Michaels Bruder Matt um gemeinsam etwas zu Essen. Wer Matt kennt weiß, dass er nicht gerade vor Lebensfreude sprüht. Er ist sehr ruhig, ein Lachen auf seinem Gesicht ist eher selten…er ist sehr freundlich aber auch extrem zurückhaltend. Ich würde sagen, die meiste Zeit wirkt er nachdenklich und traurig.
Während wir im Restaurant sitzen und Michael und Matt sich über Politik unterhalten (worüber auch sonst „augen-roll“) denke ich nach…. Warum sieht Matt nie glücklich aus? Was macht einen Menschen überhaupt glücklich? Wie oft muss man glücklich sein, um wirklich glücklich zu sein? Bin ich glücklich?
Wow…harter Tobak und ganz sicher nicht in einem Restaurant beim Abendessen zu lösen – schon klar 😉
Mitten in meinen Gedanken dann der Satz: Die Rechnung bitte!
Gerade vor der Tür (Michael ist noch nicht bei uns) werden Matt und ich von einem vermutlich obdachlosen, gehörlosen Menschen „ankommuniziert“ (angesprochen stimmt ja wohl nicht). Er gibt Matt und mir einen selbstgemachten Button und einen Zettel auf dem steht, dass er gehörlos sein und diese erstelle um etwas Geld zu verdienen. Er bittet um 3 Dollar für einen Button. Matt gibt seinen zurück und schüttelt den Kopf.
Ich zücke 3 Dollar. Erstens gefällt mir der Button und zweitens finde ich es toll, dass er nicht nur bettelt, sondern arbeitet um sein Geld zu verdienen. Matt guckt äußerst kritisch. Mittlerweile ist auch Michael neben mir aufgetaucht und fragt was los ein! Während ichMichael die Situation erkläre und er mir zustimmt, dass wir natürlich einen Button kaufen, geht der Typ auf Matt zu und fragt uns durch Gesten, warum er denn so traurig guckt, er soll doch lachen und glücklich sein. Ich muss lachen…dieses Thema scheint mich heute nicht loszulassen – und er hat ja soooo Recht! Als ich mich verabschieden, nimmt der Typ Matt kurz in den Arm, klopft ihm auf die Schulter und schenkt ihm einen seiner Buttons. Seine Finger liegen an seinen Mundwinkeln und bewegen diese von unten nach oben!
Als wir gehen bin ICH absolut gerührt und MATT mehr als verwirrt. Sein Kommentar dazu: „Der war wohl wirklich gehörlos.“
Was soll ich dazu sagen?
Meine Gedanken in diesem Moment: Vielleicht geht glücklich sein damit einher sich für Andere und Fremdes zu öffnen und somit in der Lage zu sein positiv (über andere Menschen) zu denken!!
Meinen Button befestige ich an meiner Handtasche um diesen Moment so schnell nicht zu vergessen!!
Maribel und Itzel
Ich habe das Herz gefühlt, die große Seele in deren Gegenwart ich mir schien mehr zu sein als ich war, weil ich alles war, was ich sein konnte.
Johann Wolfgang von Goethe (Werk: Die Leiden des jungen Werther)
Maribel und Itzel sind die ersten Gastgeber, die ich über airbnb kennengelernt habe, einer Homepage auf der Privatleute ein Zimmer oder auch ihre ganze Wohnung zur Miete anbieten. Da ich die Hotels nicht mehr sehen konnte und vor allem auch das Gefühl hatte das Land nicht richtig kennen zu lernen, haben wir es in Mexiko über airbnb versucht und mit Maribel und Itzel einen absoluten Treffer gelandet. Maribel und Itzel haben uns von der ersten Minuten aufgenommen wie Familienmitglieder, die von einer langen Reise zurückkehren. Mit Küsschen und Umarmungen fing es schon bei der Ankunft an.
Bereits in der ersten Minute haben sie uns die Tür zu ihrer selbstgestalteten und ausgeschmückten Welt geöffnet und uns mit absoluter Zuversicht, dass wir in dieser nichts zerstörer, eintreten lassen. Mit der Sicherheit, dass wir unseren eigenen Teil dazu beitragen ihre Welt noch schöner, noch lebenswerter und noch bunter zu machen! Maribel und Itzel haben ihre Welt dekoriert mit Liebe, Zuneigung und Vertrauen und ich stehe mitten drin – alles strahlt mich an, zeigt mir seine Einmaligkeit und Schönheit.
Durch ihr Haus schallt ständig ein Lachen, ob die beiden gemeinsam im Bett liegen und sich Geschichten erzählen, ob wir alle zusammen kochen oder uns stundenlang unterhalten. Beide sind absolut interessiert an unserem Leben und lassen uns an ihrem teilhaben. Wir haben zusammen gekocht, Weinflaschen geleert, sind gemeinsam ausgegangen, sie haben uns ihrer Lieblingsorte der Stadt verraten, viel aus ihrem Leben erzählt und uns in ihre Geheimnisse eingeweiht. Sie haben uns das Gefühl gegeben, dass ALLES möglich ist und uns gezeigt, dass jede Situation ihre schönen Seiten hat- man muss sie nur sehen und das ist ganz einfach wenn man mit offenem Herzen durch die Welt geht. Außerdem haben mir beide gezeigt wie toll und kraftfgebend Körperkontakt zwischen Freunden sein kann und wie glücklich es macht.
Wer bietet sich in Deutschland für regelmäßige Knuddeleinheiten an?
Und wie haben sie es geschafft? Ich bin der Überzeugung es war die Offenheit, die Freude die sie in und an ihrem Leben haben, die positive Ausstrahlung und die Gabe dies an andere Menschen weiterzugeben! Ich hoffe ich kann ganz viel von den beiden mitnehmen und auch bei mir behalten!
Lebensgeschichte einer Dame aus Cortez / Colorado:
In Cortez komme ich mit einer Dame ins Gespräch. Ihren Namen weiß ich leider nicht mehr, aber ich weiß noch wie sie vor mir steht. Sie ist eine kleine, zierliche Dame. Ihre Haut ist auffällig faltig, sieht sehr weich aus und ist übersäht mit Altersflecken. Man möchte sie in den Arm nehmen, so zerbrechlich sieht sie aus, doch das täuscht. Ihre Augen sind glasklar und strahlen Stärke aus. Sie strahlt mich mit ihren blauen Augen neugierig an als sie mich fragt woher ich denn komme. Mein Akzent würde ihr bekannt vorkommen.
Nach meiner Antwort, dass ich aus Deutschland sei, lächelt sie mich an und sagt, Deutsche seien ihr Lieblingsvolk. Sie spreche noch ein paar Worte, aber das meiste habe sie vergessen. Und dann erzählt sie mir, wie sie aus Deutschland fliehen musste. Zuerst ihr Vater, später dann der Rest der Familie. Ich bin von ihrer Geschichte absolut gerührt und es fällt mir unheimlich schwer mir diese zierliche alte Dame traurig vorzustellen, da sie soviel Stärke und soviel Stolz ausstrahlt.
Wie immer, wenn man über Deutschland spricht kommt man auch irgendwann auf das kalte Wetter zu sprechen. Beim Thema Winter, wird sie plötzlich ruhig und scheint kurzzeitig abwesend zu sein. Dann wendet sie sich wieder zu mir und sagt sie lebe in Cortez weil ihr Mann in eine Gegend ziehen wollte, in der es nicht so oft und vor allem nicht so stark schneit. Er mag den Schnee nicht. Und sofort ist ein Mann in meinem Kopf, so wie ich ihn mir für diese alte Dame vorstelle. Ein dünner alter Mann, mit Cowboyhut und braungebranntem Gesicht.
Und dann erzählt sie mir eine Geschichte: Vor fünf Jahren entscheidet sich ihr Mann, ein Grundstück -welches sie besitzen aber nicht nutzen -zu verkaufen. Nachdem die beiden zu Abend gegessen haben erhebt sich ihr Mann und sagt er fahre zum Grundstück, weil „Paul“ Interesse hat es zu kaufen und die beiden es abgehen möchten und Einzelheiten besprechen wollen. Weil es an dem Tag geschneit hat und die Temperatur stark abgefallen ist fragt die alte Dame ihn ob er es nicht auf den nächsten Tag verschieben will. Schließlich wird es doch schon dunkel. Da es aber nicht weit ist und er nicht glaubt, dass es länger als 1 Stunde dauert macht er sich dennoch auf den Weg. Sie sagt, er freut sich ja auch Paul zu treffen und ein bisschen unter Männern zu reden! Der alte Mann wird sein Grundstück an diesem Abend nie erreichen und als Paul seine Frau darüber informiert sorgt diese dafür, dass ein Suchdienst aufbricht um ihren Mann heimzubringen. Die Batterie des Autos hatte aufgegeben und da es kalt war ist er aufgebrochen Richtung Straße. Seine Jacke hatte er zuhause vergessen. Die alte Dame erzählt mir wie ihr Mann sich immer nach den Sternen gerichtet hat. Er war Jäger und kannte die Natur. Sie kann nicht verstehen warum er das Auto verlassen hat. – Vielleicht hätte er im Auto überlebt. – Vor fünf Jahren ist ihr Mann nur 15 Minuten von ihrem Haus entfernt in einer kalten Winternacht erfroren.
Sie hat Tränen in den Augen und sie ist nicht die einzige. Und dann legt sie ihre Hände auf meine und sagt: „Germans are my favourite Volk“.
Wir teilen nur ca. 20 Minuten unserer Leben und trotzdem berührt diese Dame mich mehr als viele andere Menschen es je tun werden.
Hey Katharina!
Eine traurige Storie aber ein toller Bericht. Ich hoffe dir laufen noch viele tolle Menschen über den Weg und du kannst noch der einen oder anderen spannenden Lebensstorie lauschen.
Ich bin gespannt wo du als nächstes hin fährst.
Lg aus deiner Heimat. Ich bin mal wieder in Köln 🙂
Andrea
Schön, dass er dir gefällt 🙂
Köln- Junkie^^